top of page

Search
Writer's pictureMaria Maué

Sampling und Appropriation Art

Unterschiede der freien Benutzung im deutschen und europäischen Recht.

 

Kreative Arbeit und Werkschöpfungen leben von äußeren Einflüssen. Kunst setzt sich mit anderer Kunst auseinander, tritt in den Dialog und bietet Diskussionsgrundlagen. Genau das passiert auch beim Sampling und bei Appropriation Art. Beide Kunstformen setzen sich mit bestehenden Werken auseinander und schaffen doch etwas Neues.


Doch wie und bis zu welchem Maß darf man fremde Werke in das eigene mit einfließen lassen? Muss man dann dafür bezahlen? Schließlich soll jeder Kreative für seine eigene Arbeit entlohnt werden, aber gibt es hier für den Künstler, der sich bedient, auch Freiheiten? Freiheiten, die dazu dienen, die Werke zu vitalisieren und weiterzuentwickeln? Und was ist, wenn das deutsche Recht anders aussieht als das europäische?


Diese widerstreitenden Interessen möchten wir Euch anhand aktueller gerichtlicher Entscheidungen näherbringen: Das deutsche (Achtung, denn hier liegt die Krux!) Urheberrecht sagt, dass ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden darf.


Das ist erstmal eine relativ offene Formulierung und man fragt sich als Künstler zurecht: Was will das Gesetz mir damit sagen? Wann ist ein neues Werk denn ein selbständiges? Woher weiß ich, dass ich mein Werk in freier Benutzung geschaffen habe? Ist mein Sampling noch in Ordnung oder habe ich mich zu viel bedient?


Bisher sind Juristen sich relativ einig, dass ein neues selbständiges Werk vorliegt, wenn das alte hinter dem neuen so verblasst, dass die Betrachterin des neuen Werkes dieses als selbständiges wahrnimmt. Dann soll die Benutzung frei sein, denn Zweck dieses Gesetzes ist es, den Austausch zu ermöglichen und Zwänge und Befangenheiten bei der kreativen Auslebung so klein wie möglich zu halten.


Beachtet, dass je ausgeprägter die Individualität des alten Werkes ist, die Individualität Eures neu geschaffenen Werkes umso größer sein muss, um die beiden Werke voneinander abzugrenzen. Und so unterschiedlich Kunstwerke sind, so wenig präzise kann man generell sagen, wann eine freie Benutzung vorliegt und wann nicht. Dies ist vielmehr jeweils eine Einzelfallentscheidung.


Und wäre dies nicht schon verwirrend genug, gibt es nun auch noch Unterschiede zwischen dem deutschen und europäischen Recht. Dabei geht das Europäische Recht dem deutschen Recht grundsätzlich vor – so viel zur oben bereits erwähnten Krux…


In jüngerer Zeit gab es dazu eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, der europäisches Recht zugrunde liegt. So hat der EuGH im sog. Pelham-Fall (Kraftwerk vs. Moses Pelham/Sabrina Setlur) geurteilt, dass das europäische Recht Ausnahmen von den ausschließlichen Rechten der Urheber vorsieht und dass diese Liste - die eine freie Benutzung nicht vorsieht! - abschließend ist. Im nationalen Recht dürfe es daher gar kein Recht auf freie Benutzung geben.



Dieses Verständnis hat nun auch der deutsche Bundesgerichtshof übernommen und in derselben Sache („Metall auf Metall IV“) entschieden, dass das Sampling weniger Sekunden wiedererkennbarer Musikfragmente, die der Musikproduzent Moses Pelham für einen Song für die Sängerin Sabrina Setlur aus einem Musikstück von der Band Kraftwerk übernommen hatte, rechtswidrig war. Zu einer Abwägung, ob dies im Rahmen einer freien Benutzung lag, kam es dann gar nicht, da eben keine der im europäischen Recht vorgesehenen Ausnahmen vorlag.


Also muss man nun weiter beobachten, ob die freie Benutzung, die ja eigentlich was Feines ist, solange man sich an die Spielregeln hält und nicht zu viel kopiert, so überhaupt weiterhin Anwendung finden wird. Oder werden die Rechte der Kreativen im Zuge der Urheberrechtsreform doch noch dahingehend klargestellt, dass eine freie Benutzung auch weiterhin möglich sein kann? Wir halten Euch auf dem Laufenden!

Comments


bottom of page